Warum hält die Stadt Essen die Evaluierungsergebnisse zur Fahrradstraßenachse B in Rüttenscheid zurück?
Das fragen nicht nur wir uns, das fragt sich auch die Essener Politik.
Während sich die Parteien mit der nichts erklärenden Antwort der Verwaltung auf die Ausgangsfrage anscheinend zufrieden geben, fragen wir bei Simone Raskob und Thomas Kufen hier und jetzt nochmals nach und erwarten auch von den Essener Parteien, der Stadtspitze mehr Offenheit und Transparenz abzuverlangen.
Am 26. Oktober 2021 haben wir bei Oberbürgermeister Thomas Kufen schriftlich angefragt, warum die Ergebnisse der Evaluierung zur Verkehrssituation auf der Rüttenscheider Straße noch immer nicht veröffentlicht wurden und wann das schlussendlich geschieht. Die Antwort des Oberbürgermeisters fiel derart kurz und nichts erklärend aus, dass wir sie gern hier zitieren:
“Die Verwaltungsvorlage zu den Evaluierungsergebnissen wird derzeit verwaltungsintern abgestimmt.”
Dass der Oberbürgermeister danach anfügt, er hoffe, er konnte uns die Gründe “nachvollziehbar darlegen”, empfinden wir als nicht angemessen. Auf die zweite Frage haben wir nur insofern eine Antwort erhalten, dass die Präsentation erst nach der internen Abstimmung erfolgen kann. Die Verwaltung kann oder will also keinen verbindlichen Veröffentlichungstermin nennen.
Zur Erinnerung: Die Evaluierung fand im Spätsommer diesen Jahres statt. Die Stadt lud zum 9. September 2021 zu einem Pressegespräch ein, um die Ergebnisse und geplanten Maßnahmen vorzustellen. Am gleichen Tag standen die Evaluierungsergebnisse auf der Tagesordnung für die Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Mobilität. Doch das Pressegespräch wurde kurzfristig abgesagt und auch im Ausschuss wurde das Thema nicht präsentiert. Damals hieß es, der Oberbürgermeister müsse nur noch unterzeichnen, was nicht mehr rechtzeitig vor der Sitzung stattgefunden hätte.
Rund sieben Wochen nach dem ursprünglich angekündigten Veröffentlichungstermin stand die Präsentation der Evaluierungsergebnisse auch am 28. Oktober 2021 noch immer nicht auf der Tagesordnung des Ausschusses. Auf die mündliche Nachfrage in der Sitzung an Simone Raskob nach den Ergebnissen erhielten die Ausschussmitglieder die gleiche unbefriedigende Antwort: “Die Verwaltungsvorlage wird derzeit verwaltungsintern abgestimmt.”
Wir wundern uns, dass die Ausschussmitglieder eine solche Aussage ohne weitere Nachfrage akzeptieren. Immerhin muss die Verwaltung hier zunächst nichts weiter machen, als die Ergebnisse zu veröffentlichen. Was ist an diesen Ergebnissen “intern abzustimmen”? Die Antwort der Verwaltung passt schlicht nicht zum Sachverhalt einer verkehrstechnischen Evaluierung. Ihre Antwort verneint das legitime Interesse sowohl aus der Politik wie auch der Stadtgesellschaft.
Nichtsdestotrotz finden sich in der Presse längst Andeutungen zu den Ergebnissen. So schreibt die WAZ am 17. September 2021 dazu: “Wahrscheinlich ist schon jetzt, dass sich daraus [aus den Ergebnissen] neue Verschärfungen für Autofahrer begründen lassen.” Auch von Seiten der Polizei ist zu hören, dass sie dringend Veränderungen hinsichtlich der verkehrlichen Situation zugunsten der Sicherheit des Radverkehrs erwarte.
Mögliche Maßnahmen sind längst vorgedacht. Die Stadt Essen realisierte die Fahrradstraßenachse auf der Rüttenscheider Straße im Juli 2020 als Teil des mit der Deutschen Umwelthilfe vor Gericht geschlossenen Vergleichs zur Vermeidung von Dieselfahrverboten. Sie nutzte dazu unter anderem Fördergelder des Bundesverkehrsministeriums. Entgegen anderslautenden Empfehlungen des Planungsbüros auf der Basis einer Verkehrszählung verzichtete sie zunächst auf Abbiegegebote oder Modalfilter für den motorisierten Verkehr. Diese waren empfohlen worden, da die PKW-Belastung aufgrund des hohen Durchgangsverkehrs reduziert werden sollte, um auf der Rüttenscheider Straße eine rechtssichere Fahrradstraße anzuordnen. Die Stadt versprach, nach einem Jahr eine Evaluierung durchzuführen, um die Verkehrssituation erneut zu betrachten und – wenn notwendig – die Maßnahmen zur Reduzierung des Durchgangsverkehrs nachträglich umzusetzen.
Daher wiederholen wir unsere Aufforderung an Oberbürgermeister Thomas Kufen, den Essener Bürger*innen die Evaluierungsergebnisse nicht länger vorzuenthalten. Veröffentlichen Sie die längst vorliegenden Zahlen und Fakten der Verkehrsanalyse und erörtern Sie anschließend mit der Politik und der Stadtgesellschaft notwendige und sinnvolle Veränderungen für die Fahrradstraßenachse B, um dort die mangelhafte Sicherheit und die aktuell nicht regelwerkskonforme Situation für den Radverkehr zu verbessern.
– Stephan Rütt, Claudia Harfst und Adrian Micke für den RadEntscheid Essen
7 Kommentare
Claudia H. · 01.11.2021 um 12:39
Wirklich ärgerlich und nicht nachvollziehbar, was der OB sich da leistet. Da fragt man sich doch, welche Lobby da im Hintergrund die Fäden zieht!
Elizabeth · 01.11.2021 um 19:40
Wer da im Hinter- und Vordergrund die Fäden zieht, ist ziemlich klar, findet ihr nicht? Die Rü als Fahrradstraße zu bezeichnen, ist ein Hohn. Ich fahre immer mitten drauf und recht schnell, rechne dabei ständig mit dem Schlimmsten.
Wenn meine Kinder noch klein wären, würde ich den Bereich großräumig meiden.
Einbahnstraße für Autos ist die einzig zielführende Lösung, bloß mache ich mir da keine Illusionen…
Manfred · 02.11.2021 um 9:09
Guten Morgen,
nicht wirklich nachvollziehbar, warum die Rüttenscheider Straße, zumindest teilweise keine Einbahnstraße ist.
Auch Parkplätze für Lieferfahrzeuge, um das parken in 2. Reihe zu reduzieren.
Ich wünsche mir zeitnah die Veröffentlichung der Beriche von Herrn Oberbürgermeister Thomas Kufen und Frau Simone Raskop.
Mit großer Verwunderung
Manfred
Christiane Busch · 02.11.2021 um 13:30
mich beschäftigt u.a., was ich wieder anziehen muß an reflektierenden, leuchtenden Farben, um von Autofahrern
gesehen zu werden. Allgemein finde ich, dass es spürbar ist, dass Autofahrer wissen: das ist (auch) eine Fahrradstrasse, und sie nehmen tatsächlich Rücksicht. Trotzdem allem: die Rüttenscheider ist zu stark befahren, es kostet Konzentration, Anspannung, Vorsicht, um von der Flora bis zum Stern zu kommen. Wenn ich mehr Zeit habe, fahre ich durch die Ursulastr, über die Girardetbrücke, dann durch den Christinenpark…. und bin sehr erleichtert, wenn ich unbeschadet am Ziel ankomme. Ich bin bisher 3 x von Autofahrern und einem Radfahrer angefahren und verletzt worden. würde mir sehr wünschen, entspannter über die Rü fahren zu können.
Jonas · 02.11.2021 um 15:26
Einfach ganz dicht machen für Autos von Flora bis ende der Rü.
Rolf Herlfterkamp · 10.11.2021 um 7:27
Ich fahre täglich mit dem Rad. Die Rü jedoch, werde ich als Radfahrer nicht mehr nutzen, das ist ja Lebensgefährlich! Als Radfahrer wird man regelrecht mit Gewalt von den Autofahrern auf der Rü abgedrängt . Es herrscht zudem eine Athmosphere von Aggression vor, immer wieder kommt es zu lauten Auseinandersetzungen mit Autofahrern. Zudem ist die Rü vollkommen verstopft von Autos, fahren ist oftmals unmöglich! Man kann diese Strasse als Radfahrer nur noch meiden.
Gros · 17.11.2021 um 1:17
Jahrzentelang fahren Fahrrad- und Autofahrer ruhig und ohne Prrobleme über die Rüttenscheider Str. Die Fahrradfahrer auf den dafür vorgesehenen Radweg und die Autofahrer auf den Straßen. Wenn es in 40 Jahren mal zu 2 Unfällen zwischen Auto- und Radfahrer kam ist es schon viel. Und auf einmal wird im Jahr 2020 aus der Rüttenscheider eine Fahrradstr gemacht, was einige 100tausende € gekostest hat. Begründung: Der CO 2 Ausstoß durch die Autos auf der Rü muss verringert werden. Glaut wirklich jemand, das nördlich der Rü die Verringerung des CO 2 Ausstoß seinen Anfang nimmt und an der südlichen Rü an der Grenze zur Bredeneyer Straße endet…….?.? Und wenn ich als Autofahrer sehe wie aggressiv sich einige Radfahrer auf der Rü verhalten, nach dem Motto: „Hoppla jetzt komme ICH!!! Autofahrer mache Platz, die Straße gehört MIR!! “ Die Radfahrer überholen auf der Rü die Autos ohne Rücksicht auf Verluste einfach links und rechts. Es sollte also kein Wunder sein wenn durch solch aggressives Verhalten der Radfahrer die Unfallzahlen in die Höhe schnellen!
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