Die Stadtpolitik wird am Mittwoch voraussichtlich den neuen Doppelhaushalt für 2025 – 2026 verabschieden. Die Ausgaben für Radwege werden halbiert. Politik und Verwaltung müssen die Umsetzungsstrategie des RadEntscheids überdenken und ein überzeugendes Konzept vorstellen, wie die sieben Ziele des RadEntscheids bis 2030 erreicht werden und endlich spürbar bessere Bedingungen zum Radfahren auf die Straße kommen.
In der Haushaltsrede von Oberbürgermeister Thomas Kufen aus dem September heißt es, dass 15 bzw. 16 Millionen € für die kommenden Jahre 2025 – 2026 für den RadEntscheid geplant sind. Ursprünglich waren jährlich 30 Mio € im gleichen Zeitraum für bessere Radwege vorgesehen. Die Senkung des Budgets um fast die Hälfte zeigt deutlich, dass dem Radverkehr in der Stadt – entgegen den öffentlichen Bekenntnissen – eine viel zu geringe Bedeutung eingeräumt wird.
Das kleinere Budget wird kurzfristig keine spürbaren Auswirkungen auf die Anzahl der Radwege haben, denn schon in den vergangenen Jahren lagen die Ausgaben für Fahrradprojekte sehr weit unter dem reservierten Budget – so wurden von 11 Mio. € Budget 2023 nur rund 10 % verausgabt. Selbst mit einer sehr deutlichen Trendwende bleiben 15 Millionen € für Radverkehr in dieser Stadt im kommenden Jahr ambitioniert. Offensichtlich wird aufgrund von fehlendem politischem Willen im Rathaus kaum etwas umgesetzt.
Seit dem Beschluss der RadEntscheid-Ziele durch den Stadtrat im Jahr 2020 und dem Beschluss der Umsetzungsstrategie 2021 werden die selbst gesteckten Ziele jährlich zunehmend verfehlt. Damit rückt auch das zentrale Mobilitätsziel der Stadt Essen (4 x 25 % Modal Split bis 2035) in weite Ferne, da die Steigerung des Radverkehrsanteils von 7 % auf 25 % als größte Herausforderung immer schwerer zu erreichen ist. Nachdem nun die “Start- und Hochlauf-Phase” der RadEntscheid-Umsetzung vorüber ist, werden zu Beginn der “Volllast-Phase” pünktlich Anfang 2025 die Gelder gekürzt. Die Kommune hat jedoch immer noch erheblichen Aufholbedarf, und dies bereits seit 4 Jahren. Davon zeugen die jährlichen Sachstandsberichte. Maßnahmen werden verschoben oder komplexer gestaltet. Zudem fehlt es bei Umbauten häufig an Qualität, wie z. B. hinsichtlich Wegbreite oder Beleuchtung. So gelingt es mangels Qualität leider nicht, das Radfahren in Essen attraktiv zu machen.
Über 25.000 Menschen hatten 2020 das Bürger*innen-Begehren für mehr und sichere Fahrradwege unterschrieben, der Stadtrat hatte sich die Ziele mit rund 80 % der Mandate zu eigen gemacht. Sie wünschen sich deutlich mehr Unterstützung für Radverkehr. Die Forderung der Bevölkerung passt auch zum Ziel der Stadtpolitik, Autofahrten bis 2035 zu reduzieren.
Die Initiative fordert, dass die Umsetzungsstrategie RadEntscheid aktualisiert wird und deutlich mehr Maßnahmen umgesetzt werden. Mit dem halben Budget ist die Volllast-Phase utopisch und die Phase wird dem Namen nicht mehr gerecht. Es ist absehbar: Bei gleichen Zielen werden in den Jahren 2027 bis 2030 deutlich mehr Geld und Personaleinsatz und Personalressourcen benötigt, wenn die Ziele erreicht werden sollen. Die Anzahl an umgesetzten Maßnahmen muss folglich jedes Jahr bis 2030 zunehmen. Mit der aktuellen Strategie, d. h. ab 2025 bis 2030 gleichbleibend viele Mittel einzusetzen, kann der Beschluss zum RadEntscheid nicht vollständig umgesetzt werden. Es müssen also stärkere Anstrengungen unternommen werden um die Ziele zu erreichen. Das heißt auch: Es müssen mehr statt weniger Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Vor allem müssen dafür der OB und die CDU aufhören gegen die Umsetzung zu arbeiten, sondern im Gegenteil die Umsetzung der städtischen Beschlüsse endlich wie vorgesehen vorantreiben. Derzeit sieht es leider nach dem Bruch eines zentralen Wahlversprechens aus.
Der RadEntscheid fordert daher:
- Nicht verausgabte MIttel müssen in den Folgejahren nachgeholt werden.
- Die Planung und Umsetzung müssen deutlich beschleunigt werden. Im derzeitigen Schneckentempo wird Essen auch 2050 noch kein durchgängiges und leistungsfähiges Radwege-Netz haben. Die Mobilitätsziele und Klimaneutralität wird Essen so sicherlich nicht erreichen – ganz bestimmt nicht bis 2035.
- Dafür muss die Politik vor allem aufhören, sich im Klein-Klein zu verlieren und unter populistischer Verteidigung jedes einzelnen Parkplatzes nur den Verkehrsinfarkt weiter zu fördern.
- OB Kufen muss die Umsetzung von RadEntscheid und Mobilitätswende endlich wie beschlossen vorantreiben.
Weiterführende Quellen:
Haushaltsrede Oberbürgermeister Kufen vom 25.09.2024: https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/0115_1/newsletter_5/sonstiges_1/2024-09-25_Rede_zur_Einbringung_des_Haushalts_2025_2026_Thomas_Kufen.pdf
Umsetzungsstrategie mit Finanzplanung aus 2021, RIS Essen, Vorgang 0361/2021/6:
https://ris.essen.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZb7lIiKPADWUbgkX7za_ILo
Ausgaben der Stadt zu Radinfrastruktur
https://fragdenstaat.de/anfrage/wegeausbau/#