Es fällt uns schwer, zum Trauerspiel, das sich momentan auf der Rü abspielt, die richtigen Worte zu finden. Kurze Zeit war es einigermaßen OK, auf der Rü Rad zu fahren.
Was uns ärgert, ist Thomas Kufens Aussage „Die immer weiter zunehmende Kompromisslosigkeit bei den Wünschen und Bedarfen der verschiedenen Verkehrsarten erschweren zudem einen Kompromiss und einen Interessenausgleich zwischen Autofahrerinnen und Autofahrern, Radfahrerinnen und Radfahrern, Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Anwohnerschaft zu finden.“
Sind wir als Radfahrende bzw. der RadEntscheid damit gemeint? Schauen wir doch mal auf die Fakten.
Die Rüttenscheider Straße wurde 2020 als Fahrradstraße eingerichtet. Die Richtlinie zu Fahrradstraßen sagt klar: “Anderer Fahrzeugverkehr als der Radverkehr und der Verkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung darf in Fahrradstraßen nur ausnahmsweise durch die Anordnung entsprechender Zusatzzeichen zugelassen werden (z. B. Anliegerverkehr).” Dass dies auf der Rü bei einer Verkehrsbelastung je nach Abschnitt zwischen 7.000 und 11.800 Kfz/Tag nicht gegeben ist, dürfte vollkommen klar sein.
Mit den Maßnahmen, die im Oktober 2024 umgesetzt wurden, sollte also eine rechtskonforme Fahrradstraße erreicht werden und dafür die Verkehrsbelastung auf Werte zwischen 4.600 und 10.600 Kfz/Tag sinken. Nur im Bereich zwischen Stern und Martinstraße sollten nur noch 3.000 bis 4.800 Kfz/Tag unterwegs sein.
Ist das viel? Ist das wenig? Was sagen denn die technischen Regeln zur Verkehrsbelastung?
Sie sehen maximal 400 – 700 Kfz pro Stunde (ERA2010) oder 2.500 Kfz pro 24 Stunden (RASt06 und “Leitfaden Fahrradstraßen der AGFS) vor. Wir sind also auch nach den Änderungen auf der Rü weit entfernt von dem, was zulässig ist.
Ausblick: Was sagen die neuen Regelungen (hier: Verwaltungsvorschriften zur StVO), die voraussichtlich im März durch den Bundesrat in Kraft gesetzt werden?
Die ausnahmsweise Zulassung von Kraftfahrzeugverkehr in Fahrradstraßen soll regelmäßig durch das Zusatzzeichen „Anlieger frei“ erfolgen. Zudem wird klargestellt, dass als flankierende Maßnahme im Rahmen der Einrichtung einer Fahrradstraße auch Anordnungen zur effektiven Unterbindung von Durchgangsverkehr erfolgen können.
Wir sind gespannt auf die Definition von “Kompromiss” für die Rü und wann Radfahrende auch in Rüttenscheid das ressourcenschonendste, klimafreundlichste und gesündeste Verkehrsmittel endlich sicher nutzen können – auf einer rechtskonformen Fahrradstraße ohne zuviel Kraftverkehr.
1) als Umrechnung kann man grob sagen 10 x Kfz/h entspricht Kfz/Tag, da mit “Stunde” die Spitzenstunde gemeint ist. Es gibt unterschiedliche Richtlinien, die nicht immer zur gleichen Aussage kommen, in diesem Fall sind das die ERA2010 und die RASt06. Die ERA2010 sieht somit mehr Kfz vor als die andere RASt06. Beide beziehen sich nicht auf Fahrradstraßen. Der Leitfaden Fahrradstraßen ist keine Richtlinie, stellt aber die Best Practices dar, an die sich die Stadt Essen als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. halten sollte. |