Wir haben euch noch einmal die beiden Reden anlässlich der Demonstration am 26. August 2022 aufgeschrieben und ein paar fotografische Eindrücke gesammelt. Viel Spaß!
Rede zum Start, 17:00 Uhr, Grugahalle
Ein paar Dinge müssen mal laut gesagt werden.
„Wo bleiben die Radwege?“ ist unsere und auch eure Frage.
Zur Erinnerung: Für die Umsetzung der Ziele des RadEntscheid bekam die Verwaltung 9 Jahre Zeit. Seit 2020 weiß sie, wie der Arbeitsauftrag lautet. Jetzt, 2 Jahre später, müssen wir konstatieren: Es ist kaum etwas richtig Gutes für den Radverkehr umgesetzt. Wir müssen außerdem feststellen, dass die Stadt Ergebnisse schönrechnet und schönschreibt.
Oberbürgermeister Thomas Kufen hat uns auf der Dialogveranstaltung hier im Atlantic-Hotel Anfang Juni diesen Jahres zur Geduld aufgefordert. Die haben wir alle auch – lange gehabt. Wir verstehen sehr wohl, dass erst weitere Radplaner*innen eingestellt werden müssen, dass komplexe Planungen Zeit brauchen, dass die Neuverteilung des öffentlichen Raumes anspruchsvoll ist.
Aber das erklärt nicht alle Verzögerungen in der Umsetzung des RadEntscheid.
Ein paar Dinge müssen mal laut gesagt werden.
„Wo bleiben die Radwege?“ ist unsere und auch eure Frage.
Zur Erinnerung: Für die Umsetzung der Ziele des RadEntscheid bekam die Verwaltung 9 Jahre Zeit. Seit 2020 weiß sie, wie der Arbeitsauftrag lautet. Jetzt, 2 Jahre später, müssen wir konstatieren: Es ist kaum etwas richtig Gutes für den Radverkehr umgesetzt. Wir müssen außerdem feststellen, dass die Stadt Ergebnisse schönrechnet und schönschreibt.
Oberbürgermeister Thomas Kufen hat uns auf der Dialogveranstaltung hier im Atlantic-Hotel Anfang Juni diesen Jahres zur Geduld aufgefordert. Die haben wir alle auch – lange gehabt. Wir verstehen sehr wohl, dass erst weitere Radplaner*innen eingestellt werden müssen, dass komplexe Planungen Zeit brauchen, dass die Neuverteilung des öffentlichen Raumes anspruchsvoll ist.
Aber das erklärt nicht alle Verzögerungen in der Umsetzung des RadEntscheid.
Denn nicht jedes Ziel im RadEntscheid erfordert jahrelange Planung oder jede Menge Planer*innen, Stichworte: Radwege sanieren, echte Fahrradstraßen einrichten oder auf Stand bringen, Einbahnstraßen öffnen, Radstellplätze ausbauen usw..
Die Verwaltung sagt, sie sei voll im Plan. Achso? Der schriftliche Bericht zur Umsetzung kam jedenfalls fast 3 Monate zu spät, vorgestern, um genau zu sein. Das hat sicher nichts mit der Ankündigung der Demonstration zu tun 🙂
Also, die Verwaltung sagt, sie sei voll im Plan, und schon sind die Politik und alle, die nicht genau hinschauen, beruhigt. Wir nicht. Zumal dieser Plan kein guter Plan ist, u.a. weil er jeglichen Ehrgeiz vermissen lässt.
Liebe Menschen in Essen, es fehlt in dieser Stadt das Gespür für die Bedürfnisse der Radfahrenden und dafür, dass die Zeit sich gedreht hat. Essen hat in Sachen Radverkehr einfach enormen Nachholbedarf. Viele Menschen warten schon sehr lange auf gute Radwege.
Dass wir heute mit den Zähnen knirschen und mit den Hufen scharren, dazu haben wir allen Grund.
Die Zeit ist aber nur ein Aspekt unserer Kritik, Qualität ein wichtigerer. Wir müssen es so deutlich sagen: Wir sind mit dem, was die Verwaltung bisher umsetzt, qualitativ nicht zufrieden, wir können es nicht sein. Wir erkennen hier Missachtung von politischen Beschlüssen und sogar von Verwaltungsvorschriften zur StVO.
Die Verantwortlichen für Verkehr in dieser Stadt sagen ein ums andere Mal bei der Umsetzung, in der sie nicht die technischen und qualitativen Vorgaben des RadEntscheid realisieren, es gehe nicht anders. Aber so werden Ausnahmen einfach zur Regel.
Beispiel 1 Fahrradstraßen:
Es ist die größte Desinformation zur Radinfrastruktur in dieser Stadt, dass Fahrradstraßen für Kraftfahrzeuge immer geöffnet – frei – sein müssen. Das ist falsch, es ist genau anders herum, die neuen Verwaltungsvorschriften sprechen hier von: „nur in Ausnahmen, z.B. für Anliegerverkehr“.
Beispiel 2 gemeinsame Rad- und Fußwege:
Und Rad- und Fußverkehr wird weiter in Einem gedacht, geplant und gebaut. Das ist nicht nur schlecht für die, die Rad fahren, sondern auch für die, die zu Fuß gehen.
Worüber wir besonders empört sind ist, dass die Verwaltung ihre bescheidenen Radinfrastruktur-Maßnahmen als RadEntscheid-Maßnahmen verbucht, obwohl sie nicht die Qualitätskriterien der RadEntscheid-Ziele erfüllen. Das ist Etikettenschwindel.
Wir fragen uns: Wie ist das möglich? Kontrolliert hier niemand die Planungen der Verwaltung auf inhaltliche Übereinstimmung mit Ratsbeschlüssen? Drückt die Politik hier möglicherweise die Augen zu, weil die nächste Kommunalwahl noch in weiter Ferne liegt?
Der RadEntscheid hat auf diesen Ettikettenschwindel von Anfang an in Stellungnahmen und Gesprächen mit der Verwaltung hingewiesen. Trotzdem verschwendet das Amt für Straßen und Verkehr das Budget des RadEntscheid für seine unzureichenden Lösungen.
Wir wollen es euch heute laut sagen: wesentliche Qualitätskriterien der Ziele des RadEntscheid werden verwässert. Es werden alte Pläne für Radwege aus der Schublade gezogen und umetikettiert. Lasst euch nicht als Kuchen verkaufen, was Käse ist.
Liebe Menschen in Essen, warum lassen wir es nicht einfach laufen? Dafür gibt es mehrere Gründe, aber eben auch den, dass es ums große Ganze geht, um die Verantwortung für das Klima. Menschen, die es nicht wagen, Fahrrad zu fahren, können wir uns deswegen einfach nicht mehr leisten.
Alle, die heute hier sind, wissen, dass wir sowohl eine gesellschaftliche Akzeptanz für neue Radwege brauchen, aber eben auch einen Wandel bei der Planung und Kommunikation.
Ein Dazu-Basteln von Radwegen zum Autoverkehr, wie wir alle es bisher erleben, hilft nicht. Es verlängert nur die mühsame Übergangsphase, die alle Verkehrsteilnehmer*innen bei der Neuverteilung des öffentlichen Raums erwartet.
Solange es Radplaner gibt, die den Radfahrstreifen auf der Wittenbergstraße für einen guten Radweg halten, stimmt etwas nicht im Amt für Straßen und Verkehr.
Radfahren ist nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Dies muss von der Politik und der Verwaltung endlich erkannt, kommuniziert und vor allem muss danach gehandelt werden.
Liebe Menschen in Essen, als Radfahrende sind wir keine Verkehrs-Störung, im Gegenteil, wir sind vollwertige Mitglieder des Straßenverkehrs und wir reklamieren den Platz ein, der uns zusteht.
Wie muss dieser Platz aussehen, der uns zusteht?
In den Zielen des RadEntscheid für die Unterschriftensammlung vor 2 Jahren haben wir folgende Qualitätsstandards definiert:
Er muss breit genug sein, um ausreichend vor dem Kfz-Verkehr zu schützen, dazu haben wir Maße genannt, mit denen ich euch jetzt nicht langweile, ihr könnt sie nachlesen.
Ein guter Radweg ist außerdem
– durchgängig also unterbrechungsfrei,
– sicher und zügig befahrbar,
– vom Fußverkehr baulich getrennt,
– einheitlich gestaltet,
– in Konfliktbereichen durch rote Farbe hervorgehoben,
– beleuchtet
– und vor Befahren, Halten und Parken durch KfZ geschützt.
Das sind keine Schnapsideen eines Rad-Aktivisten-Randgrüppchens. 25.000 Menschen haben mit ihrer Unterschrift gezeigt, dass sie das für vernünftig halten.
Dass sie diese Vorstellung realisiert sehen wollen. Und seit 2 Jahren ist diese Definition von guten Radwegen Teil des Ratsbeschlusses und verpflichtet zur Umsetzung.
So sehen wir das.
Und fragen heute deshalb: Hey Essen, wo bleiben diese Radwege?
Danke, dass ihr mir zugehört habt 🙂
Rede zum Ende, 18:30 Uhr, Hirschlandplatz
Wir stehen hier vor dem Amt für Straßen und Verkehr. Eine gute Gelegenheit, die Stadtverwaltung aufzufordern, im dritten Jahr des RadEntscheid deutlich mutiger und engagierter zu planen und zu bauen.
Wir stehen hier vor dem Amt für Straßen und Verkehr. Eine gute Gelegenheit, die Stadtverwaltung aufzufordern, im dritten Jahr des RadEntscheid deutlich mutiger und engagierter zu planen und zu bauen.
Wir sind bereit, den bereits begonnenen Dialog fortzuführen.
Wir sind bereit, die weitere Entwicklung intensiv und kritisch zu begleiten.
Wir sind aber auch bereit, im August 2023 erneut hier zu stehen und zu fragen: Hey Essen, wo bleiben die Radwege?
„Man sollte nie daran zweifeln, dass eine kleine Gruppe kluger, engagierter Bürger die Welt verändern kann. In der Tat ist das der einzige Weg, der jemals Erfolg hatte.“
– Margaret Mead (1901-1978), Ethnologin
Damit beende ich diese Versammlung.
Habt Dank für euer Kommen.
Allen einen guten Heimweg und vielleicht bis zum nächsten Mal 🙂