(Ghostbike am Bismarckplatz, erstes in Essen aufgestelltes Gedenkrad); Foto: Joerg Greiwe
Am Mittwoch, den 15. Mai, findet der „Ride of Silence“ statt. Es handelt sich um eine Fahrradveranstaltung, die seit 2003 weltweit in immer mehr Städten durchgeführt wird. Ziel ist, der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer zu gedenken und gleichzeitig auch auf die vielerorts nach wie vor gefährlichen Bedingungen für Radfahrer speziell im innerstädtischen Verkehr aufmerksam zu machen. Anders als bei den monatlich durchgeführten „Critical Mass“-Radfahrten soll beim „Ride of Silence“ schweigend geradelt werden. Zudem ist es üblich, nach Möglichkeit in weißer oder zumindest heller Kleidung mitzuradeln. Ausgerichtet wird die Veranstaltung vom ADFC Essen in Zusammenarbeit mit dem RadEntscheid Essen, VeloCityRuhr und Aktivisten der „Critical Mass“-Bewegung.
Der Start erfolgt um 19:00 Uhr auf dem Hirschlandplatz. Entlang der geplanten Route werden auf Essener Gebiet sechs Unfallstellen angefahren, an denen in den letzten Jahren Radler*innen ums Leben gekommen sind. Bei fünf dieser Unfälle waren (abbiegende) Lkw ursächlich beteiligt, in zwei Fällen war es ein Pkw. An vier der Unfallorte sind in jüngster Zeit sogenannte „Ghostbikes“ aufgestellt worden. An allen Stellen soll schließlich jeweils eine Gedenkminute für die dort verunglückten Radfahrer eingelegt werden. Bei der etwa 25 Kilometer langen Strecke gilt es noch die eine oder andere Steigung mit einzukalkulieren. Erfreulicherweise erfolgt eine Begleitung des Radkorsos durch die Polizei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Hier die sechs Unfallorte in der Reihenfolge, in der sie angefahren werden sollen:
1. 2003 wurde im Essener Nordviertel eine Radfahrerin auf dem für Radfahrer freigegebenen Gehweg der Gladbecker Straße von einem in eine Tankstelle einbiegenden Lkw erfasst und so schwer verletzt, dass sie eine Woche später verstarb. Bezeichnenderweise hatte der Lkw-Fahrer den unmittelbar davor fahrenden Ehemann noch passieren lassen, die Radlerin selbst dann aber offensichtlich „vergessen“.
2. Im Mai 2019 erfasste die Fahrerin eines PKW eine 62-Jährige Radfahrerin aus Mülheim an der Kreuzung Bocholder Straße/Altendorfer Straße. Die Lehrerin vom Borbecker Gymnasium verstarb drei Tage später im Krankenhaus an ihren schweren Kopfverletzungen. Der Unfall ereignete sich ähnlich wie am Bismarckplatz an einem „freien Rechtsabbieger“. Die Kreuzung war erst ein Jahr vorher umgebaut worden, ohne dass auf den freien Rechtsabbieger verzichtet wurde.
3. 2010 wollte ein im Essener Westviertel auf der Frohnhauser Straße in Richtung Frohnhausen fahrender Lkw-Fahrer nach rechts in den Berthold-Beitz-Boulevard abbiegen. Dabei “übersah” er ganz offensichtlich einen rechts neben ihm auf dem dort befindlichen Radfahrstreifen fahrenden Radfahrer und erfasste diesen in Höhe der Einmündung Berthold-Beitz-Boulevard. Der Radfahrer verstarb noch an der Unfallstelle.
4. 2002 wurde im Essener Westviertel auf der (damals noch nicht umgestalteten) Altendorfer Straße ein völlig korrekt auf dem Gehweg in Richtung Innenstadt fahrendes achtjähriges Mädchen von einem Lkw überrollt, als dieser nach rechts in die Westendstraße abbog. Das Kind hatte keinerlei Chance. Besonders tragisch war der Umstand, dass ein dahinter fahrendes zweites Mädchen den sich direkt vor ihm abspielenden Unfall unmittelbar mit ansehen musste. Inzwischen hat die Altendorfer Straße bei der Umgestaltung Radfahrstreifen erhalten.
5. Mitte September 2021 ereignete sich auf der Schnellstraßenmäßig ausgebauten äußeren Westumgehung der Essener City, der Hans-Böckler-Straße (B224), ein Radverkehrsunfall der besonders schrecklichen Art. Ein 85-jähriger Radfahrer wurde in Höhe der Einmündung Schwanenkampstraße von einem Baustellen-Sattelzug erfasst und gut 300 Meter weit bis über die Eisenbahnbrücke hinaus mitgeschleift. Er hatte keine Chance.
6. Im Spätsommer 2016 wurde eine 53-jährige Radfahrerin in der Essener Innenstadt am Bismarckplatz beim Überqueren der seinerzeit noch frei geführten Rechtsabbiegespur von der Hindenburgstraße in die Kruppstraße von einem Pkw erfasst und so schwer verletzt, dass sie wenige Tage darauf im Krankenhaus verstarb. Die Wucht des Aufpralls ließ vermuten, dass der Pkw-Fahrer besagte Rechtsabbiegespur mit scheinbar unverminderter Geschwindigkeit befahren hat. Dabei wird er sich offenbar – so wie dies an solchen Stellen gang und gäbe ist – ausschließlich nach links in Richtung des von dort kommenden Querverkehr orientiert und dadurch die von rechts querende Radlerin übersehen haben. Immerhin hat die Stadt Essen danach reagiert und an besagter Querungsstelle eine Ampel installiert. |